Wer will überhaupt noch Nachrichten sehen? Bilder aus Syrien, verzweifelte Flüchtlinge, Bilder von Dürre und Verhungernden, von Naturkatastrophen und Terroranschlägen stürzen auf uns ein; dazu hören wir Berichte, die uns die Haare zu Berge stehen lassen. Trump und Putin, Assad, Erdogan, Marine Le Pen, ….. Was passiert eigentlich in der Welt? Waren die Nachrichten schon immer einfach nur schlimm, oder leben wir momentan auf einer tickenden Zeitbombe?

Vielleicht geht die Zeit der Demokratie tatsächlich ihrem Ende zu und mit ihr die Zeit des Friedens in der westlichen Welt? Wir nehmen es einfach so hin, was wir da sehen, sind entsetzt und hoffen, dass jemand etwas unternimmt, aber offenbar passiert nichts, um diesen Wahnsinn aufzuhalten. Viele scheinen den Glauben an unsere Politik verloren zu haben, gehen gar nicht erst wählen oder wenden sich an die immer zahlreicher werdenden Populisten. Grobe Fehlentscheidungen wie der Brexit sind die Folge, und man will gar nicht mehr zuhören oder zuschauen, was alles passiert.

Man frage mal eine Abiturklasse, wie viele der SchülerInnen überhaupt die Nachrichten sehen. Beängstigend wenige. Ob sie sich nicht über die Welt informieren wollen? Es sei alles zu deprimierend, kommt die Antwort, das tut man sich lieber nicht an.

Die Frage ist, ob man damit nicht schlicht und ergreifend den Falschen das Feld überlässt. Schließlich haben wir das Privileg, in einer relativ sicheren Ecke der Welt zu wohnen, haben ein demokratisches System, das es uns erlaubt zu kritisieren, zu protestieren, zu demonstrieren. Unentschuldbar, es dann nicht zu tun, wenn wir mit der gegenwärtigen Situation unzufrieden sind. Unentschuldbar, den Alltagsstress vorzuschieben oder Geldverdienen wichtiger zu finden.

Wenn wir heutzutage an prekäre geschichtliche Epochen zurückdenken, bewundern wir gern diejenigen, die sich getraut haben, etwas zu tun oder wenigstens den Mund aufzumachen. Stellen uns gern vor, dass wir selbst zu ihnen gehört hätten. Was hält uns also davon ab, in der Gegenwart dasselbe zu tun, unser Alter? Zeitmangel?

Wir können sehr wohl etwas tun, jedenfalls mehr, als kopfschüttelnd im Sofa zu versinken, wenn wir die Nachrichten sehen (falls wir sie uns überhaupt anschauen). Schließlich führen viele Wege nach Rom. Wir können Politiker wählen, die auf unserer Wellenlinie liegen, können demonstrieren und Petitionen unterschreiben, wir können auch Gruppen wie Amnesty finanziell unterstützen oder den Besetzern des Naturschutzgebietes, in dem Probebohrungen für Fracking vorgenommen werden sollen, einfach einen Topf Suppe bringen. Wir können Flüchtlingen helfen und wir können denen, die unsere Demokratie und unsere Menschenrechte in Worten und Taten angreifen, klar unsere Meinung sagen.

Mit den Worten von Claire Goll: Wann werden wir endlich nicht mehr Chor sein, der klagt, sondern einzeln auftreten im Leben? Wie lange wollen wir uns noch zurückdrängen lassen von den eitlen, brutalen Mimen der Gewalt? (aus: Die Stunde der Frauen, 1917)