Wie reagiert man jetzt auf die Berliner Ereignisse? Schock, Entsetzen, Mitgefühl für die Familien, deren Weihnachten wohl für den Rest ihres Lebens ruiniert worden ist, so geht es uns wahrscheinlich allen. Und was dann kommt, ist nicht nur Ärger, sondern grenzenlose Wut auf Menschen, die so etwas fertig bringen, was auch immer sie als ihre Gründe angeben.
Eigentlich wollten wir heute Abend auf den Frankfurter Weihnachtsmarkt gehen. Sollen wir das jetzt noch tun? Ist es nicht zu gefährlich, ist es das wert, dass wir jemanden dabei haben, der noch nie auf einem Weihnachtsmarkt war? Genau dieser Gedankengang ist offenbar Teil der kranken Ideologie, die Terroristen als islamische Ideen verkaufen wollen und die überhaupt nichts mit dem wirklichen, nämlich friedlichen, Islam zu tun hat. Dennoch ist es ideales Futter für die sogenannten „Populisten“.
Wieso können die „Populisten“ überhaupt so viel Grund gewinnen? Wenn man mal alles in einen Topf wirft, sieht man Le Pen in Frankreich, Orbán in Ungarn, Strache / Hofer in Österreich, Golden Dawn in Griechenland, Kaczynski in Polen, UKIP in Großbritannien, ….. Mit jedem Anschlag islamischer Terroristen gewinnen sie natürlich mehr Grund, können sie ihre fremdenfeindlichen Parolen besser verkaufen, unserer multikulturellen Gesellschaft und unserer Demokratie immer erfolgreicher den Boden entziehen.
Liegt es denn wirklich in erster Linie an der „Flüchtlingskrise“? Wenn Millionen von Menschen mit einer völlig fremden Kultur und Religion ins Land strömen, ist die Unsicherheit und auch die Abwehr beinahe verständlich; auch Gebildete und Weltoffene fühlen sich zeitweise verunsichert, wenn sie im Zug sitzen und den Eindruck haben, die einzigen Deutschsprachigen im Abteil zu sein. Dann aber sollte doch das Bewusstsein darüber eintreten, was für Schicksale hinter diesen Menschen stecken; wir wissen doch, woher sie kommen und ahnen, was sie durchgemacht haben müssen. Was ist also los mit diesem „Populismus“? Kommt die Demokratie langsam aus der Mode??
Bereits in den 20er und 30er Jahren gab es jemanden, der genau dies voraus gesagt hat, ein russischer Wirtschaftswissenschaftler namens Nikolai Kondratieff. Seine Theorie geht von wirtschaftlichen „Wellen“ aus, den sogenannten Kondratieff-Zyklen: etwa alle 50-60 Jahre gebe es eine bahnbrechende neue Erfindung, eine „Basis-Innovation“, die gewaltige wirtschaftliche Veränderungen zur Folge habe (Beispiel Dampfmaschine, Elektrizität). Es ist absolut verständlich, dass solche gewaltigen Innovationen unvorhersehbare gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen (Beispiel Frauenwahlrecht). Und sobald ein solcher Zyklus zu Ende geht, versinkt die Wirtschaft in einer Rezession. Die gute alte Zeit ist vorbei, es geht uns – vergleichsweise – schlecht. In den Zeiten so extremer Wandlungen klammern sich offenbar viele Menschen an autoritäre Führungsfiguren, in denen sie sich einen Halt erhoffen (Beispiel Faschismus).
Im Zeitalter des Handys, der Mikro-Elektronik, der Gen-Biologie muss man nicht lange suchen, um eine neue Basis-Innovation zu finden. Und wie sieht unsere Gesellschaft im Moment aus? Keiner kann mehr selber das Auto reparieren, nicht einmal den Fernseher versteht man, Teenager müssen den Eltern das Handy erklären, Computerkenntnisse sind zum Muss in sämtlichen Arbeits- und Privatbereichen geworden. Darüber hinaus: Minderheitenrechte, Integrationsprobleme, das Alles-in-Frage-stellen der Demokratie …. Verwirrend, nicht wahr? Eine starke Führungsfigur verspricht, die große Hilfe in solchen Zeiten zu stellen, siehe Putin, siehe Erdogan, siehe Trump.
Wir sollten aufpassen. Geschichte lehrt.